Bisher konnten medizinische Versorgungszentren (MVZ) nur von Fachärzten verschiedener Fachrichtungen gegründet werden. Zahnärzte dürfen zwar heutzutage auch ein Zahnarzt MVZ gründen, aber dafür gibt es strikte Auflagen. Beispielsweise muss jeder der Gesellschafter gründungsberechtigt sein. Die gründenden Vertragszahnärzte dürfen nach der MVZ-Gründung nicht ihre Zulassung verlieren. Bleibt von zwei MVZ-Gründern nur einer nach, darf dieser das Versorgungszentrum nicht alleine weiter betreiben. Der verbliebene Dentist hat sechs Monate Zeit, das MVZ durch die Aufnahme eines anderen Vertragszahnarztes wieder zu vervollständigen.
Auch die Formen der Zahnärzte MVZ-Gründung sind genau geregelt. Erlaubt sind Gründungen von mindestens zwei Zahnärzten als Gesellschaft bürgerlichen Rechts oder Partnerschaftsgesellschaft, als Gesellschaft mit beschränkter Haftung, eingetragene Genossenschaft oder öffentlich-rechtliche Rechtsform. Alle beteiligten Zahnärzte müssen einig über die gewählte Rechtsform sein. Diese hat sowohl juristische wie auch steuerrechtliche Konsequenzen.
MVZ als unternehmerischer Rahmen für Zahnärzte
Statt eine eigene Praxis zu betreiben, bietet sich als Alternative die Gründung eines Versorgungszentrums an. Dazu könnten beispielsweise zwei Zahnärzte und ein Kieferchirurg gehören. Weitere Fachmediziner können später hinzugenommen werden. Einer der MVZ-Gründer muss als ärztlicher Leiter fungieren.
Die Motive, sich für eine MVZ-Gründung zu entscheiden, können unternehmerischen Erwägungen entspringen. In manchen Fällen sind die Gründer nicht im MVZ tätig, sondern beschäftigen angestellte Zahnärzte. Möglich ist auch, dass die MVZ-Gründer in der MVZ mitarbeiten. Dann sind auch sie Angestellte des MVZ und sind ihre vertragszahnärztliche Zulassung los. Denn zugelassen ist die MVZ-GmbH. Dumm ist nur, dass der Zahnarzt dann auch nicht mehr den Gründerstatus behalten kann, denn dazu muss er zugelassener Zahnarzt sein. Es gibt also bei einer MVZ-Gründung einige Fallstricke zu beachten. Für einige Problemfälle wie diese, die bei der Gründung eines medizinischen Versorgungszentrums entstehen können, sind Sonderregelungen etabliert worden (zmk-aktuell.de). Trotzdem bleibt die Gründung eines Zahnarzt MVZ relativ aufwendig und ist je nach gewählter Konstellationen juristisch komplex. Ohne Gründungsberatung können viele Fehler passieren. Trotzdem ist die Gründung eines zahnmedizinischen Versorgungszentrums unter vielen Aspekten vorteilhaft. Sie bietet eine Ergänzung zu den bisher möglichen Formen einer Praxisgründung als Einzel- oder Gemeinschaftspraxis. Besonders interessant ist diese Praxisform für Zahnärzte mit Expansionswillen.
Grundsätzlich ist die Zahl der teilnehmenden Ärzte für ein MVZ als kooperative Geschäftsform nicht beschränkt. Aus diesem Grund gibt es in Deutschland mittlerweile diverse zahnmedizinische Versorgungszentren als MVZ. Und es werden immer mehr. Viele Gründungen sind bereits angemeldet und angekündigt, siehe exemplarisch z.B. die Ankündigung der novacura Zahnärzte, die im Juli 2018 im Münsterland eröffnen wollen.
Auch die Umwandlung von Gemeinschaftspraxen zu medizinischen Versorgungszentren wird häufig als Alternative zur bisherigen Praxisform gewählt.
Was sind Vorteile und Nachteile für beteiligte Zahnärzte?
Einer der meistgenannten Vorteile für eine MVZ-Gründung sind die Expansions-Möglichkeiten. Eine klassische Gemeinschaftspraxis hat nur limitierte Möglichkeiten, was Wachstumschancen angeht. Es besteht beispielsweise eine Pflicht, der gemäß Vertragszahnärzte in einer Gemeinschaftspraxis nur maximal zwei Zahnärzte in Vollzeit, alternativ maximal vier in Teilzeit anstellen können. Um diese expansions-limitierende Regel zu umgehen, werden sogenannte Juniorpartner eingeführt. Das kann aber in den verdacht einer Scheinselbstständigkeit führen. Die Gründung eines medizinischen Versorgungszentrums würde diese Hürde überwinden. Denn hier wird die Zahl derer, die in der MVZ-Versorgungspraxis arbeiten, nicht limitiert. Die MVZ-Praxis kann also jederzeit wachsen.
Ein zweiter Punkt, eine MVZ-Praxis zu gründen, ist die Möglichkeit, an zwei Standorten mit eigener Praxis tätig zu sein. Dazu könnte eine weitere Praxis übernommen werden. Das ist aber unter normalen Umständen genehmigungspflichtig. Es wird als Gemeinschaftspraxis daher nur noch selten gestattet. Ausnahme: Der zweite Standort wird in ein MVZ-Konzept eingegliedert. Die mittlerweile an die 950 MVZ-Gründungen in der Trägerschaft von Vertrags-Zahnärzten verteilen – je nach gewählter Rechtsform – auch die wirtschaftlichen Risiken auf mehrere Schultern. Außerdem ist ein Verkauf des MVZ weitaus einfacher als der einer klassischen Gemeinschaftspraxis.
Unter deutschen Zahnärzten werden die Möglichkeiten einer MVZ-Gründung oder der Umwandlung einer expansionswilligen Gemeinschaftspraxis in eine Zahnarzt MVZ immer öfter genutzt. Das fachgleiche zahnmedizinische Versorgungszentrum bedarf allerdings professionellen Managements. Zu den wichtigen Managementanforderungen gehören
- Personalmanagement
- Finanzmanagement
- und Buchhaltungspflichten
Die in Deutschland vertretenen MVZ-Formen der Zahnärzte haben zwischen zwei Vertragsärzten und mehr als 10 Zahnmedizinern unterschiedliche Größen. Je größer das Versorgungszentrum wird, desto effizienter muss es in den Abläufen oder der Raumnutzung gemanagt werden. Es kann sich die Notwendigkeit einer Geschäftsführung ergeben. Diese Tätigkeit kann von einem dafür angestellten Nicht-Mediziner übernommen werden. Die Vergütungen müssen so geregelt werden, dass angestellte Ärzte und nicht-medizinisches Personal transparente und klare Gehaltstrukturen vorfinden. Faktoren wie Behandlungsfallzahl, Umsatzbeteiligung, unternehmerische Mitverantwortung oder Kostenstellen werden wichtige Entscheidungs-Parameter.
Wurde eine Zahnarzt-MVZ als GmbH gegründet, ist es eine Kapitalgesellschaft mit Bilanzierungspflicht. Das vereinfacht zwar die Buchhaltung nicht, macht sie aber transparenter. Die meisten Zahnarztpraxen müssen nur eine Einnahmen-Überschuss-Rechnung erstellen. Das bedeutet zwar eine Planung und Überwachung der Unternehmensfinanzen. Doch die Gestaltungsmöglichkeiten sind geringer.
Bei der MVZ als GmbH wird der Faktor Liquidität enorm wichtig. Die Geschäftsführung muss eine höchstmögliche Transparenz herstellen, um im Fall einer Insolvenz des MVZ Rechenschaft gegenüber den Gläubigern und Geschäftspartnern ablegen zu können. So gesehen, ist eine MVZ-GmbH von Zahnärzten eine professionellere Rechtsform und wegen der professionellen Geschäftsführung in eine höhere Liga einzuordnen. Die Kosteneffizienz solcher Verbünde ist bedeuten höher. Ein MVZ ermöglicht außerdem Teilzeitarbeit oder flexiblere Arbeitsmodelle.
Quellen und weiterführende Ressourcen:
- zwp-online.info/zwpnews/wirtschaft-und-recht/recht/zahnaerzte-mvz-eine-erste-zwischenbilanz
- iww.de/zp/effiziente-praxisfuehrung/kooperationen-gruendung-und-leitung-eines-mvz-welche-faehigkeiten-benoetigt-der-zahnarzt-f93562
- dentado.de/news/das-zahnaerzte-mvz-chancen-und-risiken-fuer-patienten-und-aerzte/
Was sind Vorteile und Nachteile der MVZ für den Patienten?
Der größte Vorteil eines MVZ für Zahnärzte ist, dass der Patient vom Know-how mehrerer Spezialisten profitiert. Das Leistungsspektrum solcher medizinischen Zentren ist beeindruckend. Patienten können kann zum Beispiel neben ihrem gewohnten Zahnarzt auch auf Kieferchirurgen, plastische Chirurgen, alternativmedizinische Fachärzte oder Implantologen zurückgreifen. Diese sind im selben Gebäudekomplex angesiedelt.Ob es um eine Zahnzysten Behandlung (vgl. Retentionszyste Behandlung) geht, Invisalign oder feste Zahnspange, eine implantatgetragene Prothese, ein Cerec Inlay, Zahnbrücken oder um die Therapie einer Kieferhöhlenentzündung – zahnärztliche Versorgungszentren können dank unterschiedlicher Spezialisten deutlich mehr therapeutische Bereiche abdecken als eine kleine Einzel-Zahnarzt-Praxis.
Dank des Praxis-Zusammenschlusses ist ein größeres Grundstück mit zentraler Lage und Parkmöglichkeiten wahrscheinlich. Modernere Praxis-Einrichtungen sind bei solchen MVZ-Gründungen leichter finanzierbar. Flexiblere Termin-Vereinbarungen sind dank der Vielzahl der Ärzte möglich. Die Wartezeiten sind geringer, weil jeder Kunde die Möglichkeit hat, zu einem anderen als dem gewohnten Zahnarzt zu gehen. Es bedarf dafür keiner Überweisung.
Angstpatienten können von einem speziell geschulten Team von Psychologen behandelt werden. Ein spezialisierter Kinderzahnarzt kann sich diesem MVZ-Verbund als Gründer anschließen oder später als angestellter Arzt mitmachen. In diesem Fall hat er geregelte Arbeitszeiten. Er trägt nicht das unternehmerische Risiko mit.
Der Arzt als Unternehmer – Probleme und Herausforderungen im Zahnarzt MVZ
Die Befürchtung, dass sich nicht-ärztliche Dienstleister der Gründung eines MVZ bedienen, um Einfluss auf die Patientenversorgung zu erhalten, hat sich weitgehend nicht bestätigt. Auch der befürchtete Konkurrenzdruck ist nicht eingetreten. Es ist keine existenzbedrohende MVZ-Gründungswelle eingetreten, wie anfangs befürchtet worden war. Hilfreich war dabei, dass Dentallabors oder zahnärztliche Dienstleister nicht als Gründer eines medizinischen Versorgungzentrums zugelassen werden. Zudem sind die Regularien für eine MVZ-Gründung so streng, dass sich viele Zahnmediziner bewusst dagegen entscheiden.
Viele Ärzte möchten lieber keine umfassenden unternehmerischen Tätigkeiten in den Mittelpunkt ihrer Arbeit stellen. Für den wirtschaftlichen Erfolg einer Praxis ist nicht allein das Unternehmerdasein verantwortlich. Vielmehr sind es zahnärztliche Fachkunde und medizinische Kompetenz sowie eine angenehme Persönlichkeit, die Patienten anziehen. Sobald der Zahnarzt als Gründer eines MVZ zum Unternehmer wird, werden ihm bestimmte Eigenschaften abverlangt. Zwar sind auch Zahnärzte in eigener Praxis in gewissem Umfang als Unternehmer tätig. Aber verstehen sich vorrangig als Mediziner. Selten sind beide Tätigkeiten in der Bedeutung deckungsgleich. Daher haben viele Zahnärzte, die sich nicht als Unternehmer definieren, Probleme, ihre Praxis effizienter zu organisieren.
Ein Zahnarzt würde seine Risikobereitschaft im medizinischen Sektor eher niedrig ansetzen. Im unternehmerischen Bereich muss jedoch eine gewisse Risikobereitschaft gegeben sein. Zu geringe Risikobereitschaft kann den unternehmerischen Erfolg beschränken. Kalkulierbare Risiken bei der Anschaffung neuer medizinischer Gerätschaften einzugehen oder einen Personalwechsel zugunsten einer neuen Ausrichtung vorzunehmen, gehört für einen MVZ-Gründer jedoch zum Alltag.
Der Umgang mit Ungewissheiten ist ein weiterer Punkt, an dem sich die Geister scheiden können. Neuorientierungen durch eine MVZ-Gründung sind keine Selbstgänger. Alle Planungen plus die Umsatz- und Ertragserwartungen können zusammen mit dem eingebundenen Personal und den ausgesuchten Dentallabors zu einem Ergebnis führen, das die Erwartungen nicht erfüllt. Viele Dentisten beklagen die Ungewissheiten und Risiken, die mit einer MVZ-Gründung verbunden sein können. Reglementierungen und enge Vorgaben werden als Stress empfunden, statt als willkommene Orientierung. Nicht jeder Zahnarzt ist bereit, sich neuen Herausforderungen als gewachsen zu erweisen.
Hohe Stressresistenz und eine Toleranz für Risiken und Unsicherheiten sollte bei MVZ-Gründern vorhanden sein. Wer sich als wenig stressresistent empfindet und durch die anfallenden Tätigkeiten aufgerieben wird, ist nicht geeignet. Negativer Stress kann sich kontraproduktiv auf die medizinische Arbeit auswirken. Andere Zahnärzte empfinden jedoch gerade die unternehmerischen Komponenten einer MVZ-Gründung als Herausforderung, durch die sie sich entwickeln können.
Hohe Leistungsbereitschaft ist für einen Zahnarzt normal. Das bedingt schon der Wunsch nach unternehmerischem Erfolg. Doch bei einer MVZ-Gründung kann sich der Arzt eben nicht mehr nur auf die Zahnheilkunde konzentrieren. Er kann keinem anderen vollständig die Verwaltung überlassen und alles Betriebswirtschaftliche an den Steuerberater delegieren. Wer die Praxisführung nicht als herausfordernde Aufgabe sieht und sich ihr in allen Aspekten stellt, hat als MVZ-Gründer schlechte Karten. Dieser Job bedingt außerdem Entscheidungsfreude bei allen unternehmerischen Problemen. Zahnärzte müssen in der Regel klare Kriterien anlegen, unter welchen Bedingungen sie was als richtig und sinnvoll ansehen. Sofern es um zahnmedizinische Kriterien geht, findet mancher noch Lösungen. Bei unternehmerischen Entscheidungen – wie beispielsweise der Leistungsvergütung – tun manche Praxisinhaber sich jedoch schwer. Bei manchen Dentisten türmen sich Bedenken und Problemkomplexe im Kopf auf, die nicht mehr bewältigt werden können.
Viele zugelassene Zahnärzte scheinen kein großes unternehmerisches Selbstvertrauen zu besitzen. Es mangelt ihnen außerdem an dem notwendigen Durchsetzungsvermögen. Sie sind zwar als Praxisinhaber in der Lage, die Konzepte und Ziele ihrer Praxis umzusetzen. Viele fühlen sich aber nicht durchsetzungsstark genug, um ein taktisches Vorgehen zu entwickeln, sobald sie die Praxis strategisch verändern möchten. Ein ausgeprägtes Harmoniebedürfnis ist hier fehl am Platze. Schon die Verlängerung der Öffnungszeiten muss bei solchen Zahnärzten endlos diskutiert und gerechtfertigt werden, statt dass sie darüber einfach entscheiden und für die Einbindung der Zahnlabore oder der Arzthelferinnen in diese Entscheidung sorgen. Ohne Durchsetzungsvermögen fehlt es einer MVZ-Praxis an der notwendigen Effizienz.
Unternehmerische Überlegungen verlangen manchmal einschneidende Maßnahmen. Diese müssen auch durchgesetzt werden. Falsche Rücksichten dürfen auch bei Personalentscheidungen, Forderungen der Kostenträger oder unangenehmen Patientengesprächen keine Rolle spielen. Die gute Balance zwischen den Eigeninteressen, den Patienten- oder Kasseninteressen verlangt einem MVZ-Gründer einiges ab. Wirtschaftliches Know-how ist bisher kein Bestandteil des medizinischen Studiums. Jeder Zahnarzt muss es sich in Eigenarbeit aneignen.