Wenn eine refraktive Laserbehandlung („Augenlasern“) aufgrund einer dünnen Hornhaut, einer zu hohen Fehlsichtigkeit oder aus anderweitigen Hinderungsgründen nicht infrage kommt, bietet sich als Alternative die Implantation von Kunstlinsen an.
- Man verwendet hierbei zum einen sogenannte „phake“ Linsenimplantate, die zusätzlich zur körpereigenen Linse in das Auge eingesetzt werden.
- Zum anderen werden Intraokularlinsen im Tausch mit der körpereigenen Augenlinse implantiert.
Beide Möglichkeiten werden im folgenden Artikel näher beleuchtet.
Phake Linsenimplantate zusätzlich zur Augenlinse
[pulledquote float=right]ICL Linsen in das Auge implantieren[/pulledquote]Bei Patienten ca. zwischen dem 18. bis 45. Lebensjahr, welche eine hohe Fehlsichtigkeit aufweisen, die mit einer Laserbehandlung alleine nicht korrigiert werden kann, besteht die Möglichkeit eine implantierbare Kontaktlinse (ICL) einzusetzen. Hierbei wird die refraktive Korrektur nicht durch eine Veränderung der Hornhaut erreicht, sondern durch die Verstärkung der Augenlinse mit einer Kunstlinse innerhalb des Auges.
- Es gibt Vorderkammerlinsen, die in die Vorderkammer des Auges eingesetzt werden. Die Vorderkammer liegt zwischen der Rückseite der Hornhaut und der Vorderseite der Iris, der farbigen Regenbogenhaut des Auges.
- Zudem gibt es Hinterkammerlinsen, die zwischen der Rückseite der Iris und vor dem Glaskörper, also dort wo auch die körpereigene Augenlinse sitzt, eingesetzt werden.
Das refraktive Spektrum für den Einsatz von ICL Linsen umfasst bei Kurzsichtigkeit bis ca. -20 Dioptrien und Weitsichtigkeit bis ca. +10 Dioptrien. Der Astigmatismus lässt sich bis ca. 7 Dioptrien korrigieren. Diese Werte unterscheiden sich jedoch leicht je nach Klinik, Technologie und Art der Linsenimplantate.
Für die Auswahl der Linsenimplantate muss das Auge exakt untersucht und vermessen werden. Eines der führenden Geräte dazu ist der IOLMaster 500 von Carl Zeiss Meditec, mit dem man die optimalen Linsenimplantate individuell bestimmen kann. Zur Voruntersuchung gehört auch die Bestimmung der Refraktion, möglichst an zwei oder mehreren Terminen, damit ein eventuelles Schwanken der Sehschärfe festgestellt werden kann. Bei starken Schwankungen der Refraktion muss von einer ICL Linsen OP abgesehen werden. Gemessen werden die Endothelzelldichte und der Augeninnendruck. Eine Spaltlampen-Untersuchung und eine gründliche Anamnese gehören außerdem zur Voruntersuchung.
Phake Linsenimplantate werden entweder als feste Linsen oder als faltbare, weiche Linsen angefertigt. Faltbare ICL Linsen haben den Vorteil, dass der Schnitt zum Einsetzen in die Augenkammer kleiner ausfallen kann. Die meist verwendeten Materialien für ICL sind Acryl, Silikon, PMMA (Polymethylmethacrylat), Hydrogel und Collamer sowie Kombinationen dieser Stoffe.
Der Kern der Linsenimplantate ist die optisch relevante Zone, welche die Sehschärfe reguliert, am Rand besitzen die Linsenimplantate eine Haptik, das sind kleine Widerhaken, mit der sie in der Augenkammer fixiert werden können. Man unterscheidet asphärische und sphärische ICL. Mit einer negativen Brechung werden sie bei Kurzsichtigkeit (Myopie) verwendet, eine positive Brechung reguliert Weitsichtigkeit (Hyperopie). Asphärische Linsen bieten in der Regel die bessere optische Qualität. Für die Hornhautverkrümmung (Astigmatismus) setzt man torische ICL Linsen ein. In Einzelfällen werden ICL auch speziell für einen Patienten angefertigt.
[pulledquote float=right]Linsenimplantation: Das operative Einsetzen der ICL Linsen[/pulledquote]Das Einsetzen von ICL ist relativ einfach. Nachdem das Auge durch Tropfen betäubt wurde, setzt der Chirurg einen kleinen Schnitt zur Eröffnung der vorderen oder hinteren Augenkammer. Beim Einsatz faltbarer Linsenimplantate liegt die Länge bei ca. 2 bis 3mm, feste Linsen benötigen eine Öffnung von ca. 5 bis 6 mm. Kleine Schnitte heilen meist von selbst, während größere Schnitte eventuell zu vernähen sind. Der Chirurg setzt dann die Linse mithilfe eines Instruments in die Augenkammer ein, wo sie sich gegebenenfalls entfaltet und dann positioniert und verankert wird. Nach der Operation muss der Patient für eine kurze Zeit eine Augenklappe tragen, um zu verhindern, dass die Linse im Auge verrutscht. Außerdem werden Augentropfen verordnet, um einer Infektion des Auges vorzubeugen.
Die Eröffnung der Augenkammer birgt ein Infektionsrisiko, dem unbedingt Aufmerksamkeit gewidmet werden muss. Eine Entzündung im Augeninneren, die Endophthalmitis, ist eine Komplikation der Linsenimplantation, die schwere Folgen haben kann und unbehandelt zu einer irreversiblen Schädigung der Sehkraft führen kann. Den Anweisungen des Arztes zum Verhalten nach der Operation und der Verabreichung der Augentropfen sollte man daher in jedem Fall Folge leisten. Eine weitere Komplikation, die auftreten kann, ist ein plötzlicher Anstieg des Augeninnendrucks mit starken Schmerzen im Auge. Da es sich hier möglicherweise um einen Glaukomanfall handelt, muss schnellstens eine Behandlung vom Augenarzt mit Medikamenten und eventuell einem operativen Eingriff erfolgen.
Vorteile und Nachteile von ICL Linsen
Phake Intraokularlinsen kann man in der Regel nicht im Auge sehen oder spüren, Vorderkammerlinsen können jedoch durch Anleuchten sichtbar gemacht werden. Der große Nutzen der ICL ist insbesondere, dass junge Menschen mit hoher Fehlsichtigkeit, für welche eine Laserbehandlung nicht infrage kommt, dadurch eine erhebliche Verbesserung der Sehschärfe erzielen können. Außerdem können die ICL, solange sie gut vertragen werden, lebenslang im Auge verbleiben, sie lassen sich notfalls aber auch leicht wieder entfernen.
ICL können als unerwünschte Nebenwirkung das Entstehen von Blendwirkungen, wie Glare und Halo, insbesondere bei Dämmerung und Dunkelheit sowie einen Kontrastverlust bei der Sicht hervorrufen. Als spätere Komplikation bei der Implantation von ICL kann es zu einer Schädigung des Hornhautendothels kommen, wobei möglicherweise das sofortige Entfernen der ICL erforderlich ist. Auch das Verrutschen der Linse durch äußere Einflüsse, wie Stöße oder Druck auf das Auge, muss in der Folge gegebenenfalls operativ behandelt werden. Regelmäßige Kontrolluntersuchungen beim Augenarzt sind für Träger von ICL in jedem Fall anzuraten. Wenn mit fortgeschrittenem Lebensalter der Graue Star, oder auch Katarakt, zur Trübung der körpereigenen Linse führt und diese gegen eine Kunstlinse ersetzt wird, kann das die Entfernung der ICL mit sich bringen, weil diese sich dann eventuell erübrigt.
Intraokularlinsen (IOL) als Ersatz der körpereigenen Augenlinse
Ab einem Lebensalter von etwa 65 Jahren kommt es bei den meisten Menschen zur altersbedingten Trübung der Augenlinse durch Ablagerungen aus dem Stoffwechsel. Man bezeichnet diese Verdunkelung der Sicht als „Grauen Star“ oder Katarakt. Der Graue Star wird durch den operativen Austausch der körpereigenen Augenlinse gegen eine Kunstlinse, den Linsentausch, behandelt.
Ungefähr ab dem 45. Lebensjahr verliert die körpereigene Augenlinse auch an Elastizität, was zur sogenannten Presbyopie oder Altersweitsichtigkeit führt. Diese wird konventionell durch das Tragen einer Lesebrille behandelt. Kommt es jedoch bei starker Linsentrübung dazu, dass die körpereigene Linse gegen eine Intraokularlinse (IOL) ausgetauscht werden muss, lässt sich durch den Einsatz von multifokalen Linsen oft auch die Altersweitsichtigkeit korrigieren.
Die Voruntersuchung, die Vermessung des Auges mit dem Zeiss IOLMaster 500 und die Auswahl der Linsen sowie deren Ausmaß und Beschaffenheit entsprechen weitgehend der Beschreibung zu den phaken Linsen. Der Ersatz der getrübten Linse erfolgt in einem operativen Verfahren, der Kataraktoperation. In Deutschland wird diese Augenlinsen OP rund 600.000 Mal pro Jahr zur Behandlung des Grauen Stares eingesetzt, er gilt als Routineoperation. Im klassischen Verfahren wird dabei der Linsenkapselsack, in dem sich die körpereigene Linse befindet, durch einen Schnitt des Chirurgen eröffnet. Dann verflüssigt man die körpereigene Linse durch Ultraschall und saugt die Flüssigkeit ab. Dieses Verfahren bezeichnet man als Phakoemulsifikation. Anschließend setzt der Chirurg mit einem Instrument die Kunstlinse, entweder gefaltet oder in voller Größe, in den Linsenkapselsack ein.
Mögliche Komplikationen beim Linsentausch / Kataraktoperation zur Behandlung von Grauem Star
Die Wahrscheinlichkeit für das Auftreten von Komplikationen beim Linsentausch liegt durchschnittlich bei weniger als 1% der Fälle. Die wesentlichsten Probleme im Rahmen einer Augenlinse OP, denen Beachtung geschenkt werden muss, sind Endophthalmitis und Schädigungen der Netzhaut durch ein Makulaödem.
- Der Endophthalmitis, der Entzündung im Inneren des Auges, wird, wie sie bereits bei den ICL beschrieben wurde, mit Augentropfen und Hygiene vorgebeugt. Schädigungen an der Netzhaut müssen vom Augenspezialisten behandelt werden.
- Eine andere häufige Folge der Staroperation ist der sogenannte Nachstar, eine Trübung der implantierten Linse durch überwuchernde Zellen. Der Nachstar kann sehr leicht und schnell mit einem speziellen YAG-Laser durch den Augenarzt beseitigt werden.
- Die Verschiebung der Augenlinse in ihrer Position gehört ebenfalls zu den möglichen Komplikationen der Kataraktoperation, die eines chirurgischen Eingriffs bedarf.
Mit den heute erhältlichen Multifokallinsen, die über mehrere Brennpunkte verfügen (siehe multifokal), lässt sich im Rahmen der Kataraktoperation möglicherweise eine Korrektur der Fehlsichtigkeit, sowohl im Nah- wie auch im Fernbereich erzielen. Dadurch würde der Patient im besten Fall nach dem Linsentausch weder eine Fernbrille noch eine Lesebrille benötigen. Meist ist jedoch mit einer geringeren Fehlsichtigkeit zu rechnen, die einer leichten Brillenkorrektur bedarf.
[pulledquote float=right]Augenlinsen OP mit multifokalen ICL Linsen[/pulledquote]Während die Kataraktoperation selbst und der Einsatz von klaren Linsenimplantaten im Rahmen der Behandlung des Grauen Stars eine Leistung der Krankenkasse ist, müssen die Kosten für multifokale Linsen privat getragen werden.
Ein modernes Verfahren der Kataraktoperation wird als sogenannter Laserlinsentausch bezeichnet. Hier führt man den Einschnitt in den Linsenkapselsack und das Entfernen der getrübten Augenlinse mithilfe eines Femtosekundenlasers durch. Dieses Verfahren gilt als schonender und besser verträglich als die klassische Operation. Man benötigt dafür ein spezielles Gerät wie etwa den LenSx der Firma Alcon.
Kombinationen von LASIK und Linsenimplantation – Bioptics
[pulledquote float=right]Augenlinse OP in Kombination mit Augenlaser-Behandlung[/pulledquote]Interessante Möglichkeiten zur individuellen Korrektur von besonders hohen Fehlsichtigkeiten bieten kombinierte Verfahren von Laserbehandlung und Linsenimplantation, wie etwa das Bioptics-Verfahren.
- Den Verfahren der Laserbehandlung wie LASIK, LASEK und PRK sind natürliche Grenzen durch die Beschaffenheit und Dicke der Hornhaut gesetzt.
- Die phake Linsenimplantation wird begrenzt durch den Bau und die Beschaffenheit des Auges, insbesondere durch Bau und Größe von Vorder- und Hinterkammer.
So kann die phake ICL als Basistherapie von Kurzsichtigkeit, Weitsichtigkeit oder Hornhautverkrümmung genutzt werden. Die verbleibende Fehlsichtigkeit lässt sich dann durch eine LASIK, LASEK oder PRK ausgleichen.
Um ein solches Behandlungskonzept aufzustellen und durchzuführen ist jedoch ein erfahrener Augenspezialist gefragt. Beide Methoden bergen ihre Chancen und Risiken und sind mit besonderen Wechsel- und Nebenwirkungen verbunden. Diese muss der Arzt kennen und einen entsprechenden Umgang damit finden. Auch eine hochwertige technische Ausstattung ist hier von Bedeutung. Für die Vorbereitung, Durchführung und Kontrolle eines solchen Therapiekonzeptes muss der Arzt sich auf genaue Untersuchungsergebnisse und Messwerte verlassen können. Regelmäßige Kontrolluntersuchungen beim Augenarzt sind ebenfalls besonders wichtig.
Das Bioptics-Verfahren erfolgt in der Regel mit einer Reihe von Voruntersuchungen und zwei aufeinanderfolgenden operativen Schritten (vgl. vsdar.de/sehfehlerkorrekturen/sonstige-verfahren/bioptics/). Sind alle Voruntersuchungen und die Linsenbestimmung für das Bioptics-Verfahren abgeschlossen und das Behandlungskonzept steht, implantiert man zunächst die phake ICL (implantierbare Kontaktlinse) durch eine Öffnung der Augenkammer. Etwa vier Wochen später wird dann, wenn alles gut verlaufen ist, die LASIK mit dem Excimerlaser durchgeführt. Im besten Fall kann der Patient auf eine Freiheit von Sehhilfen rechnen. In der Regel ist eine erhebliche Minderung der Fehlsichtigkeit und damit eine geringere Abhängigkeit von Brille und Kontaktlinsen zu erwarten.
Die Alterssichtigkeit, die sich etwa ab dem 45. Lebensjahr einstellt, bleibt aber von der Bioptics Behandlung unberührt. Diese wird nur dann beseitigt, wenn Multifokallinsen implantiert würden oder eine Presby-LASIK, die auch Presbyopie (Alterssichtigkeit) korrigiert, vorgenommen würde. Anhand dieser komplexen Zusammenhänge ist ersichtlich, dass hier ein gut ausgearbeitetes Behandlungskonzept durch einen, in dieser Hinsicht erfahrenen, Augenarzt erforderlich ist.