Das Körpergewicht der Deutschen entwickelt sich kontinuierlich nach oben und mit einem Body-Mass-Index (BMI) von über 25 ist mittlerweile bereits jeder zweite Bundesbürger übergewichtig. Überschreitet der BMI die Grenze von 30, geht das Übergewicht in Fettleibigkeit über, wovon hierzulande bereits jeder fünfte Erwachsene betroffen ist.
Das Fett wiegt nicht nur, es arbeitet auch schwer – gegen seinen Träger. Es ist ausgesprochen stoffwechselaktiv und beeinflusst Fett- und Kohlenhydratstoffwechsel, was zur Ausbildung eines Diabetes mellitus führen kann. Übergewichtige sind zudem gefährdet, Herz- und Kreislauferkrankungen wie Bluthochdruck, koronare Herzkrankheit und Schlaganfälle zu entwickeln.
Theoretisch ist Abnehmen leicht – es müssen nur mehr Kalorien verbrannt als aufgenommen werden. Praktisch ist Gewichtsreduktion jedoch Schwerstarbeit und was häufig als Erstes abnimmt, ist nicht das Körpergewicht, sondern die Motivation.
Abnehmwillige im Diäten-Dschungel
Das Frühjahr erkennt man daran, wenn Zeitungen und Magazine mit neuen Diät-Kampagnen aufwarten und großformatig Geheimtipps geben, wie man überflüssige Pfunde wieder los wird – ohne Gewähr natürlich. Buchverlage bringen Diätratgeber auf den Markt und steigern mit atemberaubenden Versprechungen ihre Auflagen. Das Abspeckgewerbe samt Apotheken reibt sich die Hände und das Internet wartet mit den neuesten Diättrends aus aller Welt auf, die einen sensationellen Gewichtsverlust innerhalb kürzester Zeit versprechen. Gibt man bei Google den Begriff „Diät“ ein, erhält man in Sekundenbruchteilen sage und schreibe 12 Millionen Ergebnisse!
Wer hoch motiviert an sein Gewichtsproblem herangeht, findet sich oft mit extrem widersprüchlichen Diätbotschaften konfrontiert, mal heißt es, das Fett fett macht, dann soll Fett schlank machen oder man soll sich nur von Kohlenhydraten oder Proteinen ernähren oder am besten gar nichts mehr essen und stattdessen geheimnisvolle Pulver oder Tabletten zu sich nehmen, die einem das Abnehmen im Schlaf ermöglichen sollen. Dann werden medienwirksam die neuesten Forschungsergebnisse verkündet: Alle Diäten sind sinnlos! Im Vordergrund stehen der gewinnbringende Verkauf von Schlagzeilen und viele Seitenaufrufe im Internet, weniger das Wohl des Abnehmwilligen, der aufgrund der verwirrenden Vielfalt sich widersprechender Diätempfehlungen entweder keine diätetische Maßnahmen beginnt oder aber diese nach kurzer Zeit wieder abbricht. Mit dem Beginn einer Diät werden oft absurd hohe Therapieziele verknüpft wie zum Beispiel 15 kg Gewichtsabnahme in sechs Wochen. Da solche Ziele mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht erreicht werden, bricht in nahezu allen Fällen die Motivation innerhalb kurzer Zeit zusammen.
Diät – was ist das eigentlich?
Unter dem Begriff „Diät“ verstehen die meisten mehr oder weniger drakonische Maßnahmen, die kurzfristig angewendet werden, um das Körpergewicht rasch zu senken, d.h., eine Diät hat einen klar definierten Anfang und ein meist zeitnahes Ende. Im professionellen Sprachgebrauch versteht man unter einer Diät etwas ganz anderes, nämlich ein verändertes Essverhalten, das über viele Jahre, eventuell sogar lebenslang eingehalten werden sollte. Für einen langfristigen Erfolg, unter dem eine dauerhafte Gewichtsreduktion verstanden wird, sind somit nachhaltige Veränderungen des Lebensstils erforderlich und keine Crash-Diäten.
Gewichtsreduktion durch negative Energiebilanz
Wer abnehmen will, muss seine Kalorienaufnahme so weit reduzieren, dass eine negative Energiebilanz entsteht und der Körper gezwungen ist, an seine (Fett-) Reserven zu gehen, was konsequent durchgeführt zu einer Reduktion des Körpergewichts führen soll. Selbst wenn das mit einer Diät gelingt, ist der Erfolg oft nur von kurzer Dauer, denn in den meisten Fällen stellt sich eine mehr oder minder schnelle Wiederzunahme des Gewichts ein, bekannt unter dem Begriff Jo-Jo-Effekt. Unstrittig ist, dass mit der einen oder anderen Diät kurzfristig abgenommen werden kann, die meisten Diäten eignen sich jedoch nicht als Langzeitstrategien, um das reduzierte Körpergewicht auch halten zu können.
Das Körpergewicht wird aber nicht ausschließlich durch die Nahrungsaufnahme bestimmt, sondern auch durch die Höhe des Energieverbrauchs, durch psychosoziale und genetische Faktoren. Die Deutsche Adipositas-Gesellschaft (DAG) empfiehlt daher die Kombination von diätetischen Maßnahmen, quasi als Einstieg in die Gewichtsreduktion, eine Steigerung der körperlichen Aktivität und ein Verhaltenstraining zur langfristigen Änderung des Lebensstils, um die erzielte Gewichtsreduktion langfristig halten zu können.
Evolutionsbiologisch gesehen ist unser Körper darauf ausgelegt, auch in Zeiten mit knappem Nahrungsangebot zu überleben. Über Jahrmillionen entwickelte der Mensch vielfältige Überlebensstrategien, um auch in Hunger- und Dürreperioden über die Runden zu kommen und den Hungertod zu vermeiden. Das oberste Ziel war, möglichst viel Energie aufzunehmen und sparsam damit umzugehen, damit die knappen Zeiten überlebt werden konnten. Vereinfacht ausgedrückt bedeutete das: Iss, was Du bekommen kannst und möglichst viel davon! Gehe sparsam mit Deiner Energie um und bewege Dich nur, wenn unbedingt nötig, also zur Nahrungsbeschaffung und zur Fortpflanzung! In den letzten 50 Jahren hat sich allerdings der Überlebensvorteil dieser Strategien in einen erheblichen Nachteil gewandelt. Wir sind einem Überfluss an Nahrungskalorien ausgesetzt, haben jedoch genetisch gesehen nie gelernt, mit diesem Nahrungsüberfluss vernünftig umzugehen: Es wird nicht mehr am Hunger gestorben, sondern an den Folgen von Übergewicht und Adipositas.
Schlank ohne Diät – Änderungen im Ess- und Bewegungsverhalten
Wer ohne Diät abnehmen möchte, kann das durchaus schaffen, muss jedoch bereit sein, sein Verhalten hinsichtlich Ernährung und körperlicher Aktivität grundlegend zu ändern. Dazu ist eine hohe Motivation erforderlich, denn gerade das Ernährungsverhalten ist durch jahrelang eintrainierte Gewohnheiten geprägt und nichts ist schwieriger, als sich von eingeschliffenen Gewohnheiten zu trennen.
Viele Ess- und Einkaufsgewohnheiten werden durch eine hohe Wiederholungsfrequenz gewohnheitsmäßig getroffen und nicht bewusst abgewogen. Das weiß auch unsere Nahrungsmittelindustrie, die sich durch eine extreme Vielfalt an verschiedenen Lebensmitteln auszeichnet. Studien haben gezeigt, dass umso mehr konsumiert wird, je reichhaltiger und vielfältiger das Angebot an Lebensmitteln ist. Einkaufen folgt immer weniger verstandesmäßigen Entscheidungen, stattdessen wird die Auswahl an Lebensmitteln immer mehr aus dem Bauch heraus getroffen. Viele Konsumenten sind außenreizabhängig und lassen sich durch externe Signale in der Wahl ihrer Lebensmittel steuern und nicht durch Hunger und Sättigung. Hierzu gehören auch große Portionen und Verpackungen, die viel Nahrung für das gezahlte Geld signalisieren. Dadurch vergrößert sich nicht nur die Portion auf dem Teller, sondern auch die Kalorienaufnahme.
Verzicht auf Zucker lässt Pfunde purzeln
Mit dem regelmäßigen und hohen Konsum von Säften und Limonaden gerät die Energiebilanz des Körpers besonders aus den Fugen. Sie weisen sich durch einen hohen Zuckergehalt in flüssiger Form aus, der einen bedeutend geringeren Sättigungseffekt als Zucker in fester Form hat, sodass in kurzer Zeit hohe Energiemengen geführt werden. Wer sein Körpergewicht reduzieren möchte, sollte den Zuckerkonsum drosseln und die Finger von Cola, Pepsi oder anderen gesüßten Softdrinks lassen. Das gilt auch ausdrücklich für vermeintlich gesunde Säfte, die wenigstens mit Mineralwasser stark verdünnt werden sollten. Die Weltgesundheitsorganisation WHO empfiehlt, den Zuckeranteil auf 10 % der Energiezufuhr zu beschränken, die American Heart Association AHA empfiehlt sogar 5 %. Der Flüssigkeitsbedarf sollte nach Möglichkeit mit Mineralwasser und ungesüßten Tees gedeckt werden, auch gegen Kaffee ist nichts einzuwenden. Ein großes Glas Wasser vor den Mahlzeiten füllt den Magen und soll zu einem schnelleren Sättigungsgefühl beim Essen führen.
Weniger Alkohol
Alkohol ist eine Kalorienbombe! Ein halber Liter Bier enthält etwa 215 kcal und entspricht somit dem Energiegehalt einer halben Tafel Schokolade. Alkohol ist zudem noch besonders hinterhältig, er regt nämlich den Appetit an. Wer abnehmen möchte, sollte möglichst ganz auf Alkohol verzichten oder aber nur selten und in geringen Mengen konsumieren. Schön übrigens zur Frage „Wie viele Kalorien hat Wein“ ist der Kalorienzähler der Seite www.kenn-dein-limit.info vom PKV-Verband und der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung.
Aufhören, wenn man satt ist
Mit dem Essen aufhören, wenn man satt ist, klingt kinderleicht, ist aber dennoch eine komplizierte Sache. Während des Essens stellt sich das Sättigungsgefühl mit einer gewissen zeitlichen Verzögerung ein und signalisiert uns, es ist genug. Wer hastig isst, alles herunter schlingt und dann schnell in die Küche läuft, um sich einen Nachschlag zu holen, verpasst somit in der Regel den Zeitpunkt, Messer und Gabel zur Seite zu legen. Die Mahlzeiten sollten daher in Ruhe und ohne Hektik eingenommen werden. Es empfiehlt sich, zwischendurch immer wieder mal ein wenig innezuhalten und in sich hinein zuhören, ob denn überhaupt noch ein Hungergefühl besteht. Das Ziel ist nicht der leere Teller, sondern der Sättigungseffekt, weshalb auch Kinder ihren Teller nicht zwingend leer essen müssen.
Ernährungswissenschaftler empfehlen zudem, ruhig einmal kleinere Teller auszuprobieren, auf denen die Portionen größer aussehen, denn beim Essen spielt auch die Psyche eine große Rolle. Daher sollten Töpfe und Schüsseln auch nicht auf dem Esstisch in greifbarer Nähe stehen, sondern gehören in die Küche verbannt. Wer meint, er brauche unbedingt noch einen Nachschlag, muss sich dann wenigstens die Mühe machen und aufstehen.
Zwischen den Mahlzeiten werden oft unbewusst große Mengen an Kalorien zugeführt, ein Schokoriegel hier, ein paar Chips dort. Idealerweise sollte man sich auf die drei Hauptmahlzeiten beschränken und auf die Naschereien zwischendurch ganz verzichten. Wer das partout nicht hin bekommt, der kann Zwischenmahlzeiten einplanen, darf diese jedoch nicht mit Hauptmahlzeiten verwechseln. Zwischenmahlzeiten müssen genauestens geplant werden und sollten natürlich energiearm sein, zum Beispiel etwas frisches Obst oder einen Becher Joghurt. Auch bei den Knabbereien vor dem Fernseher sollte auf gesunde und kalorienarme Alternativen zu Chips und Erdnüssen geachtet werden. Wer Lust auf Süßigkeiten hat, kann seinen Süßhunger genauso gut mit etwas Obst stillen.
Ohne Diät abnehmen? Nicht ohne Steigerung der körperlichen Aktivitäten
Wer ohne Diät abnehmen will, kommt um eine Steigerung seiner körperlichen Aktivitäten nicht herum. Durch sportliche Aktivitäten wird zum einen mehr Energie verbraucht, was für die Gewichtsabnahme, vor allem aber für den Gewichtserhalt wichtig ist, zum anderen werden Herzkreislaufparameter und Blutfette günstig beeinflusst.
Ernährungswissenschaftler empfehlen, durch Sport- und Bewegungssteigerung einen zusätzlichen Energieverbrauch von 2000 kcal pro Woche herbeizuführen. Dieser Energieverbrauch lässt sich durch schnelles Gehen oder Radfahren erreichen, wenn an wenigstens fünf Tagen pro Woche 60-90 Minuten trainiert wird, denn die Fettverbrennung im Körper setzt erst nach 30 Minuten sportlicher Aktivität ein. Besonders motivierend ist das Bewegungstraining in der Gruppe, zum Beispiel mit der Familie oder Freunden. Am besten vereinbart man zusätzlich zum Eigentraining noch einen regelmäßigen Termin in der Woche, an dem man gemeinsam ins Schwimmbad oder Fitnessstudio geht.
Wer lange keinen Sport mehr getrieben hat, sollte es langsam angehen lassen. Als Faustformel für die Belastungsintensität sollte eine Pulsfrequenz von „175 minus Lebensalter“ angestrebt werden. Die Trainingsdauer beginnt mit 30 Minuten täglich und kann dann langsam gesteigert werden. Zur Fettverbrennung sind besonders Ausdauersportarten geeignet wie strammes Gehen, Nordic Walking, Schwimmen und Radfahren. Wer Spaß an seinen sportlichen Aktivitäten gewonnen hat, sollte gleichzeitig Sportarten wie Gymnastik oder Aerobic mit in sein Programm aufnehmen, um Koordinationsdefizite auszugleichen.
Mehr Bewegung lässt sich in aller Regel auch problemlos in die Alltagstätigkeiten integrieren. Wer es nicht weit zur Arbeit hat, sollte den Arbeitsweg zu Fuß oder mit dem Fahrrad zurücklegen und nach Möglichkeit auch Einkäufe und dergleichen nicht mit Auto, Bus oder Bahn erledigen. Wo Aufzüge sind, sind auch Treppen, denen man den Vorzug geben sollte, denn jeder Schritt zählt. Fernsehabende auf der Couch müssen nicht komplett gestrichen werden, man sollte sie sich jedoch verdienen, indem man vorher eine Runde um den Block dreht.
Protokoll führen
Vor Beginn der Ernährungsumstellung und Aufnahme sportlicher Aktivitäten empfiehlt sich zunächst eine Bestandsaufnahme, die nicht nur das Körpergewicht und eventuell noch den Body-Mass-Index umfasst. Ernährungswissenschaftler empfehlen, wenigstens über einige Tage konsequent und ehrlich zu protokollieren, was alles gegessen wird und in welchen Situationen. Anhand einer Nährwerttabelle, an die man mit wenigen Klicks im Internet herankommt, wird dann die Kalorienaufnahme ermittelt. Hierbei kann es dann zu bösen Überraschungen kommen, wenn die Kalorienzufuhr deutlich über dem Tagesbedarf liegt.
Mehr im Web zum Thema Nährwerttabelle und Kalorientabelle:
- http://gesuender-abnehmen.com/abnehmen/naehrwerttabelle.html
- www.uni-hohenheim.de/wwwin140/INFO/LM/lmgrup.htm
- www.naehrwertrechner.de
Gelingt mit einer schrittweisen Umstellung der Ernährungsgewohnheiten die Reduktion der täglichen Kalorienzufuhr, kann eine neuerliche Bestandsaufnahme dafür umso mehr motivieren. Regelmäßige Gewichtskontrollen sollten natürlich auch erfolgen. Damit sollte man es jedoch nicht übertreiben und insbesondere nicht jeden Tag auf die Waage steigen. Ernährungsumstellung und Sport sind keine Crash-Diäten, die innerhalb weniger Tage die Pfunde purzeln lassen.
Kleine Sünden sind erlaubt
Wer ohne Süßigkeiten und sonstige Kalorienbomben nicht zurechtkommt, muss nicht gänzlich auf sie verzichten. Sie müssen nur sparsam dosiert werden, indem man sich auf ein Pralinchen oder ein kleines Schälchen Kartoffelchips beschränkt und die Knabbereien als etwas Besonderes ansieht, mit der man sich belohnt. Empfehlenswert sind auch Belohnungen, die nichts mit Essen zu tun haben. Wenn sich die ersten Erfolge einstellen, das Körpergewicht runter geht und über einen längeren Zeitraum gewissenhaft Sport betrieben worden ist, kann man sich mit einem Konzert- oder Kinobesuch belohnen. Oder mit neuen Laufschuhen …
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